Das ABC des Indoor Kletterns: Tipps für Einsteiger
Boulder- und Kletterrouten
Beginnen wir mit den Begriffen und Definitionen: Wie wird das Sportklettern unterteilt?
In einer Kletterhalle wirst du feststellen, dass an einigen höheren Wänden bereits Karabinerhaken (Expressschlingen) an der Stelle angebracht sind, an der das Seil durchlaufen wird, und manchmal sind die Seile bereits zum Klettern vorbereitet. Dies sind die Kletterrouten, die im Lead (Vorstieg) oder im Toprope geklettert werden, d.h. mit dem bereits von oben präparierten Seil. Die Details schauen wir uns später an.
Ebenfalls gibt es in der Halle einen Bereich mit weicherem Boden, niedrigeren Wänden und ohne Sicherungsmöglichkeit: das sind die Felsblöcke (oder Boulders), die ohne Seil zu klettern sind und im Durchschnitt nicht höher als 5 m sind.
Die gesamte Halle, egal ob es sich um Vorstiegsrouten oder Boulder handelt, ist mit Griffen unterschiedlicher Größe und Farbe übersät, die zusammen mit dem Gefälle, den jeweiligen Schwierigkeitsgrad der Routen bestimmen. Im Allgemeinen folgt man einer Farbe vom Start bis zum Ziel und versucht dabei, die anderen Kletterer nicht zu stören (dazu später im Kapitel Climbing Etiquette)
In den nächsten Kapiteln werden wir uns hauptsächlich mit dem Seilklettern beschäftigen, da es hier mehr technische Details gibt, aber die allgemeinen Richtlinien gelten natürlich auch für das Bouldern!
Lead und Toprope - die Unterschiede
Eine kurze Erläuterung: Was ist der Unterschied zwischen dem Klettern im Lead oder im Toprope?
Wände, bei denen das Seil bereits oben angebracht ist, sind Toprope-Wände. Dies ist wahrscheinlich die sicherste Art des Kletterns und ein hervorragender Ausgangspunkt für Anfänger. Zu allererst muss die Höhenangst überwunden werden, aber das hängt vor allem von deinem Vertrauen in die Ausrüstung und deinem Sicherungspartner ab (der Partner am Boden, der dich im Falle eines Sturzes sichert und dich beim Abstieg ablässt).
Wände mit Expressen, aber ohne Seile, sind für das Klettern im Lead, also im Vorstieg vorgesehen. Diese Disziplin erfordert andere technische Kenntnisse und birgt größere Risiken als das Toprope-Klettern. Man beginnt mit dem Seil am Boden, das am Gurt befestigt ist, und hängt das Seil beim Aufstieg in der Wand an den hängenden Expressschlingen ein, um den Sturz zu verringern, den man bei jedem Einhängen erleiden könnte. Das Seil läuft durch ein Gerät, das als Sicherungsgerät bezeichnet wird und am Gurt des Sicherungspartners befestigt ist. Es gibt verschiedene Sicherungsgeräte, die alle etwas anders funktionieren. Es ist wichtig das jeweils eingesetzte Gerät auch gut zu beherrschen.
Der Nervenkitzel eines möglichen Sturzes ist berauschend, aber die Gefahr ist real. Wenn du beginnen möchtest im Vorstieg zu klettern, also ohne das Seil von oben, dann ist es vorteilhaft, einen Kletterkurs in der Halle zu besuchen oder sich von einem routinierten Kletterer die Grundlagen des Vorstiegs erklären und vorführen zu lassen.
Kletterhallen sind sicher
Es mag wie ein Widerspruch klingen, aber Klettern in der Halle ist erstaunlich sicher. Es passieren natürlich auch in der Halle Unfälle - vor allem beim Bouldern, wo man sich oft stößt oder stürzt - aber sie sind seltener als gedacht.
Es klingt unglaubwürdig, doch wer mit dem Toprope Klettern beginnt, dem kann kaum etwas passieren. Natürlich kann man sich einen Muskel verletzen oder den Knöchel verstauchen, aber das gilt für jede körperliche Aktivität.
In den meisten Fällen werden Unfälle durch das sogenannte menschliche Versagen verursacht. Ein unachtsamer Sichernder, ein schlecht gebundener Knoten, ein schlecht gesicherter Gurt. Halte deine Augen offen, sei konzentriert!
Vorbereitungen vor dem Klettern
Trage bequeme Kleidung, in der du dich frei bewegen kannst. Ideal sind Leggings, dehnbare oder locker sitzende Hosen, ein T-Shirt oder Tanktop und ein Sweatshirt oder Fleece zum Ausruhen. Nimm dir Flip-Flops mit, denn in der Halle sind keine Turnschuhe von außerhalb erlaubt und die ganze Zeit in Kletterschuhen unterwegs sein, ist nicht sehr angenehm.
Achte besonders auf kurze Nägel an Händen und Füßen, da es in den engen Kletterschuhen sehr schnell zu Schmerzen kommt und an den Fingerspitzen ein Nagel schnell eingerissen ist, was wiederum ziemliche Schmerzen bedeutet.
In der Halle - Einstieg in die Wand
Wenn du zum ersten Mal in die Kletterhalle kommst, dann solltest du einen der Hallenbetreiber um eine Einführungsstunde bitten, das erleichtert den Beginn und du schöpfst Vertrauen in das Material (Seil, Griffe, Haftfähigkeit der Kletterschuhe usw.) Wenn du stattdessen mit einem erfahrenen Freund oder Freundin dein Kletterabenteuer beginnst, ist das auch in Ordnung, wichtig ist, dass du die Sache langsam angehst, nicht zu hohe Erwartungen an dich und deinen Körper hast, denn aller Anfang ist schwer oder zumindest nicht leicht.
Ausrüstung: Schuhe, Klettergurt, Magnesium
Für die ersten Male in der Kletterhalle leiht man sich in der Regel Kletterschuhe und einen Klettergurt aus. Gurte gibt es für Herren und Damen, sie sind in verschiedenen Größen erhältlich und sollten knapp über der Hüfte sitzen. Sie sind etwas gewöhnungsbedürftig, aber in kürzester Zeit wirst du dich ganz natürlich bewegen und sogar vergessen, dass du einen Gurt an deinem Körper trägst.
Das Tragen der Schuhe wird dagegen zunächst unangenehm sein: Du wirst das Gefühl haben, dass sie zu klein sind, was anfangs etwas unangenehm ist. Das Wichtigste ist, dass sie nicht schmerzhaft sind. Es braucht Zeit, um zu lernen, wie man sich auf den Tritten bewegt, um maximalen Gripp auf kleinstem Platz zu erlangen. Mit der Zeit, wenn du dich an das Tragen gewöhnt hast, kann man die Größe immer noch etwas reduzieren.
Die Schuhe werden normalerweise ohne Socken getragen, aber für diejenigen, die gerade erst anfangen und ein Paar Schuhe ausleihen, ist es völlig normal, sie anzulassen. Wenn deine Steigtechnik besser wird und deine Tritte immer kleiner werden, wird der Haftungskontakt zwischen deinem Schuh und der Kletteroberfläche immer wichtiger, dann ist sicherlich der Moment gekommen, dass du dir selbst ein paar Kletterschuhe kaufst, die du dann auch ohne Socken anziehst.
Einige Tipps zur Auswahl von Kletterschuhen findest du HIER >>
Ein kurzer Hinweis zu Magnesium: Es soll die Feuchtigkeit aus den Händen entfernen und so den Halt an den Griffen erleichtern. Es ist jedoch ratsam, es sparsam zu verwenden, insbesondere in Hallen, um die Luft nicht mit Staub zu belasten. Eine gute Alternative sind flüssiges Magnesium- oder Magnesiakugeln, bei denen das Pulver zur besseren Dosierung in eine Gaze eingeschlossen ist.
Die Seile
Man muss Vertrauen zum Material aufbauen, dazu gehört unweigerlich das Seil, an dem man in der Wand hängt. Erst wenn man wirklich davon überzeugt ist, dass man sicher ist, wird das Klettern zum coolen Spaß. Es dauert eine Weile, bis man dem System zwischen Seil, Klettergurt und Sicherungsgerät vertraut, doch hat man erst einmal ein Grundvertrauen aufgebaut, wird das Hängen im Seil eine sehr entspannte Angelegenheit.
Wie bereits erwähnt, ist das Bouldern nichts anderes als Klettern an einer (natürlichen oder künstlichen) Felswand ohne jegliche Art von Seil. Beim Seilklettern hingegen ist es notwendig, gesichert zu werden. Wenn dich jemand sichert, bedeutet das, dass er am Boden ist, während du kletterst, und das Seil, das an deinem Gurt befestigt ist, durch einen Umleitungskarabiner an der Wand läuft und über ein spezielles Gerät (auch Sicherungsgerät genannt) mit dem Gurt des Sichernden verbunden ist. Es gibt verschiedene Sicherungsgeräte, und jedes funktioniert etwas anders: Es ist also wichtig, das jeweilige Gerät gut zu kennen, bevor es eingesetzt wird. Tatsächlich gibt es nicht nur das berühmte GriGri von Petzl sondern eine Vielzahl von Sicherungsgeräten, selbstsichernd oder nicht. Mehr dazu hier!
Die Aufgabe des Sichernden ist es, das Seil wieder einzuholen, damit der Kletterer im Falle eines Sturzes nur eine kurze Strecke fällt. Diese Toprope-Sicherungssysteme sind so konzipiert, dass sie eine gewisse Reibung aufweisen, so dass der Kletterer auch dann sicher ist, wenn der Sichernde nicht ganz gewissenhaft arbeitet.
Vor allem bei den ersten Sicherungssessions ist es wichtig, den Umgang mit dem Sicherungsgerät zu lernen und die Anweisungen genau zu befolgen, denn ein Fehler oder eine Ablenkung kann zu unangenehmen oder gar gefährlichen Situationen führen.
Wenn der Sichernde und der Kletterer sicher verbunden sind und die Knoten und die Handhabung des Sicherungsgerät des jeweils anderen überprüft worden sind, ist es eine gute Übung für das Toprope-Klettern, einige Meter die Wand hinaufzuklettern und dann loszulassen, um mit dem Sicherungsvorgang zu experimentieren. Auf diese Weise versteht man die Funktionsweise des Systems und das Vertrauen ins Material steigt.
Technik des Kletterns
Eines der besten Dinge beim Klettern ist, dass die Bewegung recht intuitiv ist. Es gibt keine Regeln, die man lernen muss, wie bei vielen anderen Sportarten: Man schaut auf eine Wand, die mit farbigen Griffen versehen ist, und der Körper weiß bereits, was zu tun ist, um nach oben zu kommen. Natürlich ist gutes Klettern in technischen Routen oder Blöcken eine ganz andere Sache, aber das erreicht man mit Zeit, Hingabe und Training.
Was die meisten Menschen jedoch vergessen, ist, ihre Beine zu benutzen. Viele Leute denken, dass Klettern nur mit den Armen möglich ist, aber das Gegenteil ist der Fall: Es geht um die Füße und das Gleichgewicht. Anstatt auf die Griffe zu achten und darauf basierend die nächste Bewegung zu planen, sollte man sich mehr auf die Füße konzentrieren, sich vorstellen, wie die Füße über die Wand „gehen“. Auf diese Weise wird die Beinmuskulatur mehr benutzt, die ist nämlich viel besser entwickelt und weniger anfällig für Ermüdung als Arme und Oberkörper, deshalb ist der Aufstieg wird mit mehr Beineinsatz auch einfacher.
Mit der Zeit oder durch die Teilnahme an einem Grundkurs mit einem Ausbilder kannst du einige sehr nützliche Techniken erlernen. Wenn du zum Beispiel den Körperschwerpunkt in der Mitte der Füße und näher an der Wand hältst, sind die Bewegungen in der Vertikalen besser zu kontrollieren. Du solltest außerdem deine Arme so gerade wie möglich halten, wenn sie nicht aktiv eingesetzt werden müssen, damit ermüden die Unterarme langsamer.
Apropos Ermüdung der Unterarme - sie ist unvermeidlich. Unsere Finger, Hände und Unterarme ermüden sehr schnell, weil wir an solche spezifischen Bewegungen nicht gewöhnt sind. Das ist völlig normal, doch durch das fortschreitende Klettertraining ist schon bald eine Verbesserung der Ausdauer festzustellen.
HIER gibt es einige Tipps zur Muskel- und Hautpflege >>
Climbing Etiquette - die Grundlage des friedlichen Kletterns
Die „Verhaltensregeln“ in der Halle variieren stark von Person zu Person, von Ort zu Ort und schlussendlich auch zwischen den Disziplinen. Dennoch gibt es einige allgemeingültige Leitlinien beim Klettern in der Halle:
⁃ Blockiere nicht die Routen. Jeder will klettern, vor allem auf den beliebtesten Routen. Beobachte die Route oder den Boulder aus einer angemessenen Entfernung und schätze die Bewegungen und den Schwierigkeitsgrad ein, versuche die Route zu klettern und entferne dich vom Einstieg, falls du entweder die Route durchgeklettert oder gefallen bist, sodass auch andere Kletterer die Route in Angriff nehmen können. Auch wenn du noch keine „nächste Tour“ ausfindig gemacht hast, mach trotzdem den Weg frei für andere Kletterer.
⁃ Gib keine Ratschläge zum Lösen von Routen oder Bouldern (im Fachjargon ⁃ beta⁃ genannt), es sei denn, jemand fragt danach. Viele Kletterer klettern, um ein Rätsel zu lösen und den besten Weg zum Gipfel der Route oder des Boulders zu finden. Außerdem gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, eine Wand zu erklimmen.
⁃ Behalte deine Kinder im Auge. Wenn du als Elternteil oder Betreuer Kinder in die Halle bringst, dann denke daran, dass es sich nicht um eine Kindertagesstätte handelt. Achte darauf, dass sie sich sicher verhalten, und sorge dafür, dass andere Kletterer nicht gestört und in ihrer Klettertätigkeit behindert werden.
Fazit:
Tipps für deinen ersten Besuch in der Kletterhalle:
- Das Ziel ist nicht, die Spitze zu erreichen, sondern über sich hinauszuwachsen, zu lernen und jeden kleinen Erfolg zu genießen.
- Denke daran, dass die Beine stärker sind als die Arme, konzentriere dich also auf die Stellung und Positionierung der Füße, damit Gewichtsverteilung und Reibung optimal sind.
- Beobachte erfahrene Kletterer und versuche ihre „moves“ zu begreifen und ihre Technik zu erlernen, erwarte aber nicht, dass du alles frisch Gelernte sofort umzusetzen kannst.
- Wähle deine Kletterpartner gut aus: dies ist eine wichtige Entscheidung!
- Glaube nicht, dass reine Körperkraft der Schlüssel zum erfolgreichen Klettern ist: Technik ist oft wichtiger als pure Kraft.