Der Sarner – Die Geschichte eines Kleidungsstücks

    Die Sarner Strickjacke. Es gibt sie schon ewig. Sie fasziniert, wärmt und schützt ihre Träger auch heutzutage noch. Ein Interview mit einem leidenschaftlichen Fan dieser Spezies: Christine Ladstätter, Innovation & Special Projects Manager bei Salewa.
    Salewa Sarner Strickjacke
    Seit Jahrtausenden schon begleiten Schafe die Menschen. Ihre Wolle schützt beide: Tier und Mensch.

    Frau Ladstätter, wie kommt es, dass sich Salewa mit dem Material Wolle beschäftigt?

    Bei Salewa haben wir immer wieder die Geschichte der Bergsportbekleidung und traditionellen Textilien aufgegriffen. 2012, während eines Gesprächs mit Heiner Oberrauch (Inhaber und Präsident der Gruppe Oberalp/Salewa, A.d.R.), sprachen wir über die Funktion der Wolle und die Möglichkeit, sie in unsere Kollektion aufzunehmen. Wir wollten mit historischen Stoffen und typischen Materialien unserer Leute aus den Bergen experimentieren.

    Die Wolle als natürliches und historisches Material?

    Ja, zur Geschichte des Lebens in den Bergen gehört vor allem das Thema „Schutz vor Wetter und Kälte“. Über Jahrtausende haben Schafe die Menschen begleitet. Die Natur schützt die Tiere mit Wolle vor Kälte und Nässe, aber auch vor Überhitzung. Und diese Fähigkeit und Funktion haben sich die Menschen zu Nutzen gemacht.

    Auf allen Bergen der Welt ist Wolle zu Bekleidung verarbeitet worden. Und dies ist nach wie vor aktuell.

    Es gibt drei traditionelle, sehr spannende Wollmaterialien mit einer langen Geschichte: Walker und Loden, und „Sarner“ (Strick). Durch das Walken mit warmen Wasser verfilzt Wolle und wird dicht, wasser- und windabweisend. Loden ist der traditionelle Stoff für Wetterschutz am Berg, der Walker entstand aus den handgestrickten Jacken durch das Verfilzen im Wasser (wahrscheinlich zuerst zufällig). Er bleibt durch das Gestrick elastisch und passt sich so wie der Sarner den Bewegungen an.

    Was hat es mit dem Sarner als Kleidungsstück auf sich?

    Der Sarner kommt aus dem Sarntal in Südtirol, d.h. sowohl der Bewohner des Tales wie auch der „Sarner Jangger“, die Sarner Strickjacke. Aber sie existiert natürlich auch über das Sarntal hinaus. Wir haben uns also mit der Geschichte dieses Kleidungsstücks befasst. Die Menschen aus den Bergtälern wussten schon lange die Eigenschaften der Wolle zu schätzen und zu nutzen. Wolle ist eine intelligente und lebendige Faser: sie nimmt Feuchtigkeit auf und ab, garantiert ein gutes Körperklima und ist sehr atmungsaktiv, lüftet aus und reinigt sich somit selber. Wolle ist durch die natürliche Kräuselung elastisch.

    Sarner 2L-Strickjacke Kapuze Salewa Damen Wandern
    Sarner 2L-Strickjacke mit Kapuze von Salewa - Damenmodell (in verschiedenen Farben erhältlich)
    Sarner 2L-Strickjacke Kapuze Salewa Herrenmodell
    Sarner 2L-Strickjacke mit Kapuze von Salewa - Herrenmodell (in verschiedenen Farben erhältlich)

    Was hat es mit dem „Sarnerstrick“ auf sich?

    Der „Sarnerstrick“ ist die Strickweise. Die Schafswolle wurde und wird auch heutzutage noch sehr dicht gestrickt, damit sie wind- und wasserabweisend ist. Die kompakte Struktur (links/links gestrickt) und die Wollfaser schließen viel Luft ein und sorgen für einen sehr guten Wärmeschutz.

    Wie ging es bei Salewa mit der Idee zum Projekt „Sarner Strickjacke“ weiter?

    Wir haben uns mit vielen Wollspezialisten, unter anderem auch mit dem Schneidermeister der Lodenmanufaktur in Vintl, der sich mit dem Material Wolle bestens auskennt, zusammengesetzt. Den Sarner, die Wärmejacke unserer Großeltern, wollten wir für unsere Kunden erarbeiten. Wolle ist hierbei ein unerlässlicher Bestandteil. Über eine lokale und kurze Wertschöpfungskette mit Handwerkern wurde das Material erarbeitet und das Teil gebaut.
    Von der Tradition und der Handwerkskunst haben wir die Kontrastkante beim Ärmel und Bund mitgenommen. Ansonsten sollte das Teil so essentiell wie möglich sein, damit Struktur und Materialität (Wolle) voll zum Tragen kommen.

    Wie kam es zum fertigen Produkt?

    Die ersten Produkte sind als „Geschichtenerzähler“ entstanden. Wir wollten die Leute neugierig machen und das Thema Wolle am Berg näher bringen. Wir haben den Gedanken weiter gespielt: „Was ist der Sarner eigentlich?“ Für viele ist er immer noch das Lieblingsteil. Er ist angenehm zu tragen, windabweisend, man wird nicht wirklich nass, und er ist elastisch. Er ist die Softshelljacke von damals; er hat beide Funktionen eingenommen, indem er vor Kälte schützt und wasserabweisend ist.

    Salewa Sarner Strickjacke
    Christine Ladstätter liebt es, mit verschiedenen Materialien und Stoffen zu experimentieren. Eines ihrer Lieblingsteile ist der Sarner, da besteht kein Zweifel.

    Welche Wolle verwendet Salewa und kommt auch noch anderes Material zum Einsatz?

    Wir wollten die Tradition mit der Funktion verbinden, basierend auf dem Bestehenden noch einen Schritt weiter gehen. Wir experimentierten und konnten, immer in Zusammenarbeit mit Wollspezialisten, die richtige Spannung auf den Strickmaschinen einstellen und die richtige Garnstäke definieren. Wir benutzen ein recyceltes Wollgarn, das in Prato (Italien) hergestellt wird, Prato ist das Zentrum für Wollrecycling schlechthin. Unser Gedanke gilt der Nachhaltigkeit, wie wollen immer mehr Richtung Wiederverwendung gehen. Die Erarbeitung des 2-lagigen Gewirkes – außen Wollstrick, innen Viskose-Jersey – gibt dem Style Elastizität, Tragekomfort und Form: Der Strick hängt nicht durch und verliert nicht die Form.
    Das Viskose-Jersey wird mit dem Strick in einem speziellen Verfahren verklebt. Die Verklebung schließt zusätzlich Lufträume ein und unser Sarner erhält dadurch sein Volumen – seinen Drape.

    Stichwort „Kapuze“.

    Die Sarner Strickjacken von Salewa, sowohl das Herren- wie das Damenmodell, haben eine Kapuze. Kapuze wirkt grundsätzlich sportlicher, dies ist wichtig, gerade wenn wir mit traditionellen Elementen wie der Struktur arbeiten.

    Stichwort „recycelte Wolle“.

    Wie schon gesagt, verwenden wir recycelte Wolle, das ist gebrauchte Wolle bzw. Wollartikel, die geschreddert und anschließend gekämmt und gesponnen wird. Die Farben werden dabei sortiert, nicht neu gefärbt. Es findet also kein Färbeprozess statt. Die nun kürzeren Wollfasern werden durch einen Polyamidfaden verstärkt und stabilisiert. Der Global Recycle Standard (GRS) hat den Garnhersteller zertifiziert.

    Wo werden diese Strickjacken hergestellt?

    Die Entwicklung vom Style sowie die Schritte vom Spinnen, Stricken und Nähen finden alle in lokalen Manufakturen in Italien statt.

    Die Philosophie hinter dem Sarner von Salewa?

    Beim Sarner geht es uns um das Gefühl, einer Kultur und den Bergen näher zu sein. Ein Lieblingsteil, das alltagstauglich ist. Unsere Intention ist es, diese Tradition aus der Vergangenheit, diese Zugehörigkeit der Marke, unsere Heimat (der Ort, zu dem wir gehören), die Berge, die Dolomiten, die Alpen, mitzunehmen und zum Ausdruck zu bringen und zu erzählen. Wir wollen damit die Menschen für den Berg begeistern.

    Salewa Sarner Strickjacke
    Salewa verwendet recycelte Wolle: Gebrauchte Wollartikel werden nach Farbe sortiert, geschreddert und anschließend gekämmt und gesponnen.
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